Eröffnung der Martin-Buber-Forschungsstelle

Ein Rückblick
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Published: | By: Francesco Ferrari and Susann Baumert

Die Eröffnungsfeier der Martin-Buber-Forschungsstelle unter Beteiligung der Theologischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität, insbesondere des Jena Centre for Reconciliation Studies, und des Buber-Rosenzweig-Instituts der Goethe-Universität Frankfurt (Main) fand am 27.10.2022 im Universitätshauptgebäude der FSU statt. Gefeiert wurde der Beginn des von der Mainzer Akademie der Wissenschaften und Literatur geförderten Projektes „Buber-Korrespondenzen Digital“, welches das Ziel einer digitalen Korrespondenzedition der Briefwechsel Martin-Bubers verfolgt, sowie die damit verknüpfte Gründung der Martin-Buber-Forschungsstelle an der FSU. Strukturell bestand die Eröffnungsfeier aus einer ersten thematischen wissenschaftlichen Tagung am Vormittag und dem eigentlichen öffentlichen Festakt am Nachmittag. 

Zunächst wurde sich vormittags im Senatssaal der Universität in einer einleitenden kleinen Tagung dem Thema jüdischer Bibelübersetzungen auf Deutsch gewidmet. In kurzen Eröffnungen sprachen die Projektleiter des Akademieprojektes, Prof. Martin Leiner vom JCRS (FSU Jena) und Prof. Christian Wiese vom Buber-Rosenzweig-Institut (Goethe-Universität Frankfurt am Main), über die Entstehungsgeschichte des Forschungsvorhabens sowie die systematische und aktuelle Relevanz des Projektes. Beide hoben die Wichtigkeit Martin Bubers für den jüdisch-deutschen Dialog der Vor- und Nachkriegszeit hervor und betonten die wissenschaftliche und gesellschaftliche Strahlkraft des Projektes in Anbetracht eines aktuell wieder erstarkenden Antisemitismus und Rechtsextremismus in Deutschland. Im Anschluss sprach Prof. Claudius Geisler, der Vertreter der Mainzer Akademie der Wissenschaften und Literatur, allgemein über die Vergabeverfahren und Förderungsmodalitäten der Akademieprojekte und beglückwünschte alle Beteiligten zur erlangten maximalen Förderung eines 24 Jahre laufenden Projektes. 

Inhaltlich wurde die Tagung von Prof. Hannes Bezzel (Jena) mit einem Vortrag zu Bibelübersetzungen und -kommentar in der „Wiener Haskala“ eröffnet. Bezzel zeigte dabei, wie sich die Tradition deutscher Bibelübersetzungen im Ausgang von Moses Mendelsohn als Instrument der Integrationsbestrebungen eines aufgeklärten Judentums entwickelte. Besonders wurde auf die Veränderung im Verhältnis von Kommentar und Übersetzungstext hingewiesen. Im nachfolgenden Vortrag sprach Dr. Inka Sauter (Frankfurt) über die historische Semantik der Buber-Rosenzweig Bibel. Hierbei rekonstruierte sie einerseits die Genese des Vorhabens einer Bibelübersetzung aus dem Briefwechsel von Rosenzweig und Buber und stellte selbiges Vorhaben andererseits in den Kontext expliziter sprachtheoretischer und -politischer Überlegungen der Autoren. 

Nach einer kurzen Pause folgte ein interaktiver Workshop von apl. Prof. Peter Stein (Jena), der in die Schwierigkeiten und Grenzen von Übersetzungen der jüdischen Bibel einführte. Dabei wurde besonders die Mehrdeutigkeit des Hebräischen als Übersetzungsaufgabe thematisiert. Die Tagung wurde durch einen Vortrag von Prof. Abigail Gilman (Boston) beschlossen, die einen vertiefenden Einblick in die Geschichte und gesellschaftliche Rolle jüdisch-deutscher Bibelübersetzungen gewährte.

Im Anschluss folgte eine längere Mittagspause, nach welcher der nachmittägliche Festakt zur Eröffnung der Forschungsstelle eingeläutet wurde. Dieser wurde musikalisch vom Trio Divertimento aus Jena begleitet. Der Festakt fand in der Aula des Universitätshauptgebäudes statt. Im geräumigen Saal begannen zunächst – nach einigen einleitenden Worten von Prof. Leiner – Dr. Susan Baumert (Jena) und Dr. Francesco Ferrari (Jena) mit der inhaltlichen und methodischen Vorstellung des Akademieprojektes „Buber-Korrespondenzen Digital“. Dr. Susan Baumert konkretisierte das geplante Vorgehen des Projektes im Rahmen der Methoden digitaler Humanwissenschaft und zeichnete die Auswahl- und Differenzierungskriterien der Briefeditionen nach. Dr. Francesco Ferrari demonstrierte dann exemplarisch das zukünftige Vorhaben, Versöhnungsaspekte innerhalb der Buber-Korrespondenzen aufzudecken und zu untersuchen, anhand einiger spezifischer Briefe aus Bubers Nachlass. 

Nach einer kurzen Sekt- und Kaffeepause wurde der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow begrüßt, der in seiner Ansprache auf die politische Wichtigkeit des Denkers Martin Buber als Theoretiker der Verständigung im derzeitigen politischen Klima verwies. Es folgten Grußworte des Präsidenten der FSU Prof. Walther Rosenthal, des Dekans der Theologischen Fakultät Prof. Christopher Spehr, des Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus Dr. Felix Klein, des Evangelischen Landesbischofs Friedrich Kramer sowie von Dr. Stefan Litt von der National Library of Israel. Zuletzt wurde die Eröffnungsfeier durch einen Festvortrag des Buber-Forschers und –Biographen Prof. Dominique Bourel (Paris) beschlossen. Dieser führte das Publikum durch die zentralen Stationen und Ereignisse im Leben Martin Bubers und verdeutlichte so die biographische Genese seines facettenreichen Denkens. 

Abschließend konnten Publikum und Organisatoren die gesammelten Eindrücke noch bei Sekt und festlichem Buffet besprechen und den Tag ausklingen lassen.